Auch vor diesem Kapitel gibt es eine
Inhaltswarnung:
Die beiden Protagonisten unterhalten sich,
nicht detailliert,
über:
Gewalt in einer partnerschaftlichen Beziehung,
seelische Gewalt gegenüber eines Schutzbefohlenen
und recht ausführlich über Eds
Essstörung.
Bitte entscheide selbst, ob du dieses Kapitel lesen möchtest.
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Ich erwachte spät, dementsprechend ausgeruht und blieb mit geschlossenen Augen liegen, um auf Jous Rückkehr zu warten, den ich im Bad wähnte. Doch dem war nicht so, wie ich einige Minuten später feststellte. Ich gestehe, mir wurde etwas flau im Magen, als ich entdeckte, wo er war. Hatte ich ihm gestern zu viel zugemutet?
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Dieser Gedanke löste eine Welle unguter Gefühle aus, muss ich sagen. Die mich jedoch merkwürdigerweise nicht davon abhielten, umgehend meine Bekleidung zu wechseln und, nach einer kurzen Stippvisite im Bad, zu ihm zu eilen.
"Hi", grüßte er mich, kaum dass mein Kopf über der Plattform erschien. "Hi", erwiderte ich erleichtert. Da ich wusste, dass wir beide dies kleine Begrüßungsritual mit glücklichen Momenten unserer Beziehung verbinden. Ich nahm Platz, tat den Mund auf, kam allerdings nicht dazu einen Ton hervorzubringen. "Wenn du dich jetzt für gestern Abend entschuldigst, werde ich sauer." Jou sah mich gespielt streng an, konnte jedoch nicht verhindern, seine 'Drohung' durch ein breites Lächeln umgehend zunichtezumachen.
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"Hatte ich nicht vor", behauptete ich, eine Spur glaubwürdiger, als er. "Glaub’ ich dir sofort", eindeutig amüsiert. "Bist du schon lange wach?" - "Ja, ich brauchte etwas Zeit zum Nachdenken." - "Schlimm?" -"Nein", er schüttelte nachdrücklich den Kopf. "Bist du fertig damit?" Jou grinste und schüttelte erneut den Kopf. "Ich nehme an, das ist der Startschuss für mich, dich wieder in Ruhe zu lassen?"
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Er legte den Kopf schief und sah mir nachdenklich dabei zu, wie ich mich erhob. "Allein, ja", sagte er. Lockte mich mit einer typischen Bewegung seines Zeigefingers zu sich und murmelte: "In Ruhe? Nein." Er behauptet, ich hätte die Augen verdreht, bevor ich mich zu ihm beugte, um ihn zu küssen. Mag sein, ich erinnere mich allerdings nur daran, dass er schimpfte wie ein Rohrspatz, als ich wieder auftauchte.
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Ich schloss die Augen und ließ mich und meine Gedanken treiben. Allzu lange dauerte es jedoch und seine Stimme holte mich zurück in die Wirklichkeit. "Lebst du noch, oder bist du schon erfroren?"
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"Halb und halb." Ich drehte mich herum und blinzelte überrascht. "Wie hast du so schnell Farbe bekommen?" Er grinste vergnügt. "Selbstbräuner." - "Warum?" Jou schlang seine Arme um mich und murmelte: "Ich brauche doch einen Beweis, dass ich tatsächlich im Urlaub war." Nicht zu fassen. "Stört es dich?" Ich zog ihn näher an mich und murmelte: "Mich würde es nicht einmal stören, wenn du lila wärst und grüne Haare hättest." Sein Mund, bereits dicht an meinen Lippen, verzog sich zu einem Lächeln, dann küsste er mich. "Was machen wir jetzt?", leicht atemlos, wie so oft. "Wir laufen uns warm und machen ein paar Fotos", erwiderte er.
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Gesagt, getan. Allerdings schlugen wir diesmal eine andere Richtung ein, da Jou gern noch den Rest der Insel erkunden wollte.
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Ob sein Wunsch in Erfüllung ging, wage ich zu bezweifeln, denn es dauerte nicht lange und wir hatten eine weitere hitzige Diskussion. An der ich ausnahmsweise keine Schuld trage, denn diesmal war es Jou der seine Coolness vorübergehend verlor. Ich sah es nicht kommen, muss ich sagen, denn es begann mit einer ganz harmlosen Frage seinerseits. "Die Narbe an deiner Schläfe, ist die auch von dem Jet-Ski-Unfall?" - "Nein." - "Von dem Messerangriff?" Ich stutzte.
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Jou tat, als würde er mich mit einem imaginären Messer in der Hand angreifen. "Nein", erwiderte ich, gegen meinen Willen, lachend. Er runzelte die Stirn. Ich riss mich zusammen, da wirklich nicht witzig war, was einst geschah, denn: "Damals landete Eve in der Notaufnahme."
Wir diskutieren gerade, ob es immer noch notwendig ist, zu erwähnen, ich sei nicht halb so erstaunt war, wie vermutet, über die Tatsache, dass er darüber bereits informiert war. Nun gut, wahrscheinlich nicht. Es kann jedoch nicht schaden, den geneigten Leser zu bitten, sich ebendies bei passender Gelegenheit ins Gedächtnis zu rufen.
Ebenso wenig kann es schaden, zu erwähnen, dass ich dies Thema durch meine Antwort ad acta legen wollte. Jou nicht. "Dreimal darfst du raten", brummte ich, als er nicht locker ließ. Jou zögerte. Besser gesagt, er kämpfte sichtlich mit sich, bevor er seine schlimmste Befürchtung aussprach: "Dein Vater?" - "Nein, er hat sich nie die Mühe gemacht, die Hand gegen mich zu erheben." - "Oh mein Gott", stieß Jou aus. War mit einem Riesenschritt bei mir und sagte: "Das klingt furchtbar, Eddie, aber ... du ahnst nicht, wie erleichtert ich grad' bin."
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Ich würde durchaus dasselbe behaupten, wenn er es dabei hätte bewenden lassen. "Was war es dann?" - "Was steht denn zur Auswahl?" Er begann an seinen Fingern aufzuzählen: "Murmeln auf Treppe*. Inliner auf Rutsche. Missglückte Katzenrettung." - "Das waren bereits vier", unterbrach ich ihn. "Und?" - "Chance vertan." Ich wandte mich ab und ging weiter.
Er war sofort wieder an meiner Seite und boxte mich spielerisch. "Du solltest sowas unterlassen, wenn du überleben möchtest." Jou verschwand aus meinem Blickfeld. "Ed?" Ich blieb stehen und erkundigte mich betont freundlich: "Hast du nicht neulich erst festgestellt, wir seien eine außerordentlich mordlustige Familie?" Jou blickte recht pikiert aus der Wäsche, doch dann zuckte er die Schultern und grinste mich an.
"Würdest du sie tatsächlich 30 Jahre täglich im Knast besuchen?" Ich nickte, ohne zu zögern. "Mich auch?" Ich konnte nicht anders, als sein Grinsen endlich zu erwidern: "Ja, ich würde es allerdings begrüßen, wenn ihr in derselben Fakultät einsitzen würdet." Jou lachte, wir machten ein paar Fotos und setzten wir unseren Spaziergang fort.
"Willst du nicht wissen, auf wen wir es abgesehen haben?" - "Nein." - Warum nicht?" - "Je weniger ich weiß, desto weniger kann ich gegen euch aussagen." - "Klingt vernünftig", befand er. "Aber?" - "Ich würde gern wissen, wie du regieren würdest ..."
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Und das war der Moment, an dem unser Gespräch aus dem Ruder lief.
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[...]
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Nun, ein Gutes hatte es, denn wir stellten fest, dass wir uns ähnlich schnell, auch wieder vertragen konnten.
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"Hast Du Hunger?" - "Es riecht gut", murmelte Jou. "Heißt?" - "Wer zuletzt unten ankommt, zahlt." Das war ich.
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Obschon er vor mir eintraf, denn ich drängelte mich recht ungehobelt vor.
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"Schmeckt es dir nicht? Möchtest du tauschen?" - "Nein, das ist es nicht. Mir ist nur irgendwie immer noch schlecht." - "Dann weißt du ja, wie es mir oft geht." Eine außerordentlich unangemessene Bemerkung meinerseits. Für die mich ebenso spontan entschuldigte.
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Jou ist wirklich sehr geduldig, stelle ich, zwar nicht zum ersten Male, doch gerade wieder, fest, denn er nahm er mir den Spruch nicht übel, obwohl es gleich so scheinen mag.
"Ich wage kaum zu fragen, aber da du damit angefangen hast", murmelte er. "Musst du dich übergeben? Sollen wir gehen?" - "Nein, ich", Jou sah mich erschrocken an, dann senkte er den Blick und schüttelte den Kopf. "Jou?" Er warf mir einen leicht gequälten Blick zu. Ich lächelte ihn aufmunternd an: "Es geht ums Essen, richtig?" - "Ja." - "Aber?" - "Du hast uns gebeten, nicht immer wieder davon anzufangen." Ich warf ihm eine Kusshand zu und murmelte: "Das tust du ja auch nicht."
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"Jetzt gerade schon." - "Weil ich dich dazu aufgefordert habe." - "Nachdem ich damit angefangen habe." - "Weißt du, was ich sehr an dir schätze, Jou?" - "Mein umwerfendes Lächeln?" Absolut abgenervt. Nur, sagt er gerade, da er dachte, ich würde das Thema wechseln wollen. Was ich nicht vorhatte, denn sonst hätte ich sicherlich nicht gesagt: "Dass ich mich mit dir nicht 20 Minuten im Kreis drehen muss, bevor wir auf den Punkt kommen." Er stutzte, dann grinste er: "Du kannst das ziemlich gut." - "Was du mir nicht durchgehen lässt." - "Manchmal schon." - "Ja." "Das ist 'nen Punkt, stimmts?" Ich machte mir weder die Mühe, eine Augenbraue zu heben, noch zu nicken.
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"Okay", Jou seufzte leise und gab sich einen Ruck. "Ich wollte eigentlich nur wissen, wie ich dich am besten unterstützen kann." - "Tust du doch schon." - "In dem ich ständig mit dir streite?" So, bzw. zu selbstkritisch, für meinen Geschmack. "Zum Streiten gehören zwei." - "Wo du recht hast", grummelte er. Ich schmunzelte, er verdrehte die Augen. "Ich hab' versucht mich zu informieren, aber je mehr ich gelesen habe, umso verwirrender wurde es. Chichi meinte ..." - "Du hast mit deinem Dad gesprochen?" Jous Augen leuchteten freudig auf. "Ja, sehr lange und", plötzlich sah mich erschrocken an.
"Das hätte ich nicht tun sollen, oder?" Ich runzelte die Stirn und legte meine Gabel zur Seite. Er sah es und geriet völlig aus dem Häuschen. "Es war ein Fehler, ich wusste es, Eddie, ich ... Es tut mir leid, ich ..." Diesmal unterbrach ich ihn bewusst: "Hat es dir gutgetan?" - "Was?" - "Das Gespräch mit deinem Dad, hat es dir gutgetan?" - "Ja." - "Dann ist doch alles gut." - "Gut?" Ich nickte. "Aber ..." - "Liebling?" - "Ja?" - "Ich habe das Gleiche getan."
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"Du hast ... was?" - "Mit Johann über dich gesprochen." - "Mit Johann? (Wenn ich nicht irre, so war es das zweite Mal, dass er nicht das Wort Butler benutzt hat.) Warum?" - "Ich habe versucht herauszufinden, was dir helfen könnte, deine Angst zu überwinden. Bin nicht recht dahinter gekommen und ..." - "Aber, du hast doch mich gefragt." Ich nickte und ließ meinem Schmunzeln freien Lauf. "Das war sein Tipp für mich." - "Oh." - "Was hat dein Dad gesagt?" - "Dass ich dich fragen soll." - "Ein kluger Mann dein Dad, ich sollte ihn dringend kennenlernen." - "Ja, ich ... Mooooment!" - "Oh gut! Ich dachte schon, ich müsste dich mit Eiswasser übergießen, damit dein Verstand wieder einsetzt." Jou kniff die Augen zusammen. "Du bist ..." - "Vom Thema abgekommen. Verzeih. Was wolltest du mich fragen?"
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Er sah mich an, schüttelte den Kopf, bemühte sich redlich ernst zu bleiben und behauptete: "Ich bin mir grad nicht sicher, ob ich dies Gespräch weiterführen möchte." - "Wir können gehen, wenn du magst." - "Ach, ja?" Ich nickte, deutete mit dem Finger auf unsere Teller und erwiderte: "Falls es dir nicht aufgefallen ist, wir haben beide aufgegessen.." - "Ich weiß nicht, warum ich mich ausgerechnet in dich verlieben musste." - "Ugh", stöhnte ich leise. "Diese Frage stelle ich mir auch oft."
Jou holte tief Luft, nachdem er sie zuvor erstaunlich lange angehalten hatte. Ließ sie langsam wieder entweichen und musterte mich nachdenklich. "Jou, ich habe kein Problem damit, wenn wir Themen ausdiskutieren." - "Nette Umschreibung." - "Ja, es gab da so 'nen Lehrgang, in diesem Schickimicki-Internat, weißt du. Ich war Klassenbester." Bewundernswert diese Selbstbeherrschung.
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Ich konnte nicht anders, als ihn strahlend anzulächeln. Jou verdrehte einmal mehr die Augen, begann jedoch zu schmunzeln. Woraufhin ich mich, um mehr Ernsthaftigkeit bemühte:"Wenn ich mich unmöglich benehme, wenn dir etwas nicht passt, wenn ich versuche mich mit blöden Sprüchen aus der Affäre zu ziehen, dann ... dann kannst und solltest du es ohne Vorbehalte ansprechen." Sein Blick verriet Skepsis.
"Vielleicht nicht immer sofort", ich zwinkerte ihm zu. "Aber sobald ich wieder zur Besinnung gekommen bin." - "Und damit den Druck auf dich noch erhöhen? Obwohl ich weiß, dass du aufhörst zu essen, wenn du gestresst bist?" - "Es stresst mich mehr, wenn ich nicht einschätzen kann, was gerade passiert. Oder wenn ich das Gefühl habe, dass es keinen Ausweg gibt." - "Das geht mir ähnlich." - "Ja."
"Du hast mir gestern sehr geholfen, Eddie." - "Ich habe es gern getan." Jou lächelte und ich verlor mich für einen Moment in seinen ausdrucksstarken Augen. Er holte mich jedoch recht zügig zurück auf den Boden der Tatsachen. "Eddie? (Er behauptet, ich hätte geblinzelt.) Okay. Wie genau stelle ich es an?"
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Klang, als hätte ich ein Patentrezept in der Tasche. "Ed?" - "Hast du nicht mit Eve darüber gesprochen?" - "Nein." - "Das überrascht mich." - "Okay. *Kleine Pause* Und?" Ich seufzte still. "Mach weiter wie bisher. Du reduzierst mich nicht darauf. Ich finde das gut, denn ich mag es nicht, wenn mein Essverhalten im Mittelpunkt steht. Oder mein Gewicht, meine Figur, ich ..." - "Oh Gott, du meinst den Pummel-Spruch! Eddie, ich …" - "Nein! Entschuldige. Nein, nein den meine ich nicht, Jou. Ich hätte das nicht schreiben dürfen, nach ... nach dem Abend als du bei uns warst. Es war unfair. Ich war ... aufgebracht. Unsicher und verletzt und ich, ich hab nicht nachgedacht. Es war nicht recht, dich so an den Pranger zustellen." Sein: "Hhm", klang zwar nicht so, doch sein Blick drückte Zustimmung aus. "Ich habe überlegt, es zu löschen, aber ..." - "Aber, du hast es nicht getan." - "Ich werde es nachholen, wenn du möchtest, aber an sich ist es genau das, was ich nicht möchte." Ich schätze mich glücklich, dass er nicht umgehend das Weite suchte.
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"Bitte verzeih mir, Jou. Bitte, ich ... Was ich auf so unglaublich ungeschickte Art ausdrücken wollte ist: Ich möchte Normalität. Ich möchte, dass du spontan bist, dass du Sprüche raushaust, das ... Ich möchte auf keinen Fall, dass du auf Eierschalen um mich herumläufst und dir dreimal überlegst, was du sagst, weil ..." - "Verletzt werden zum Leben dazu gehört?" Ich biss die Lippen zusammen und nickte. "Ich weiß, wie gern du mich piesackst und auch, dass du mir", meine Stimme zitterte erneut, doch diesmal ließ ich mich davon nicht beeinflussen. "Ebenso wenig bewusst wehtun willst, wie ich dir." Sein Lächeln wurde herzlicher.
"Ich war nicht gekränkt, in dem Moment, als du es sagtest. Ich erinnere es zwar nicht mehr genau, Jou, aber wahrscheinlich fand ich es vorwitzig. Im schlimmsten Fall frech, aber es hat mich nicht belastet oder gar zurückgeworfen." - "Du hast dich über mein schlechtes Benehmen aufgeregt." - "Klingt plausibel", nuschelte ich. Er lachte leise.
"Ich fand es ziemlich witzig. Damals, als ich es gelesen habe. Du hattest so eine unglaublich aufgeblasene Art. Ich bin echt froh, dass sich das inzwischen etwas gelegt hat." - "Etwas?", unwillkürlich ging ich auf seinen lockeren Ton ein. "Ja, der Rest passt irgendwie zu dir, also alles gut." - "Wir werden es nachher löschen, wenn wir posten. Okay?" - "Nein, werden wir nicht." - "Warum nicht?" - "Weil wir beide uns Normalität wünschen." - "An den Pranger gestellt zu werden, gehört heutzutage nicht unbedingt dazu." - "Emotionen schon." Dagegen ließ sich nichts in Feld führen, also gab mich geschlagen.
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"Ja, das Leben ist nicht immer fair." - "Da spricht der Experte." Seine Pupillen weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor sein Blick herausfordernd wurde. "Schätze ich sollte mich daran gewöhnen, dass ich euch Kummer und Sorgen bereite?" - "Auch das gehört dazu." - "Ja." - "Sorgt Eve sich sehr?" - "Deutlich seltener, als früher, doch ganz weg ist es nicht." - "Sorgst du dich um sie?" - "Ständig! Wenn sie so weitermacht, bin ich bald genauso grau wie Johann." Jou brach in Lachen aus. "Was?" - "Nichts", prustete er. "Nur die üblichen doppelten Standards." Unglaublich!
"Und Johann?" - "Über Nacht ergraut, als er damals die Verantwortung für uns aufgehalst bekam." - "Und eure Köchin?" - "Nadja ist deutlich robuster." - "Gut, du steckst sie ja ständig in Brand." - "Einmal und das, war ein Unfall." - "Ist Unfall euer Synonym für: Wir arbeiten zwar hart daran, aber bislang haben wir jeden Scheiß überlebt?" Ich würde zwar gern behaupten, ich hätte eine Weile überlegt, doch mein: "Scheint so", kam sehr spontan.
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"Möchtest du sie kennenlernen, bevor es zu spät ist?" - "Wenn du nichts dagegen hast, mich deiner Familie vorzustellen. Gern." - "Touché", murmelte ich. "Was ist der Grund für deinen Rückzieher?" - "Offiziell ist der ja noch nicht." - "Was ist offizieller, als ein Blog?" - "Dir in die Augen zu schauen und zu sagen: Fahr ohne mich." - "Und?" - "Ich werde es nicht sagen!" - "Was genau?" - "Entschuldige bitte, dass ich manchmal ein Idiot bin?" - "Klingt, als gäb's 'ne Alternative."
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Ich nickte, griff nach seiner Hand, stand auf und zog ihn in meine Arme. "Was hältst du von Weihnachten?" - "Gutes Essen, nette Geschenke ..." - "Unpassend für einen Besuch bei deinen Eltern?" Er überlegte einen Moment: "Nein, ich glaube nicht." -"Würdest du sie fragen?" - "Wenn du dir sicher bist." - "Bin ich." Er zögerte einen Moment, zuckte er mit den Schultern, grinste mich schief an und gab sein: "Okay."
Ich hielt ihm meine Wange hin und bekam tatsächlich einen Kuss aufgedrückt. Seine Hand glitt an meinem Arm hinunter, unsere Finger verschränkten sich, dann traten wir den Rückweg an.
"Du machst alles richtig, Jou." - "Ach ja?" - "Ja, du ernährst dich gesund und ausgewogen. Achtest auf regelmäßige Mahlzeiten. Ohne darauf zu pochen oder es an die große Glocke zu hängen." - Er schwieg einen Moment. "Mir ist aufgefallen, dass du dich sehr rasch daran angepasst hast." - "Eve auch", ich schmunzelte. "Sie ist der Meinung du tust mir ausgesprochen gut." - "Wenn sie das sagt, muss es wohl stimmen." - "Ich teile ihre Meinung, uneingeschränkt. Und ich schätze es sehr, dass von dir keine Ermahnungen oder Vorwürfe kommen." - "Hat sie das getan?" - "Eve? Nein. Allerdings ..."
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"Eddie?" Jou erwiderte den Druck meiner Finger, was mir dabei half, mich zu entspannen. "Lydia hat mir, von klein auf, mit allen möglichen Konsequenzen gedroht." - "Schon die Zweite, die mir nicht vor die Füße laufen sollte!" - "Gut gebrüllt, kleiner Löwe." - "Drache." - "Bitte?" - "Mein Sternzeichen." - "Mögen Drachen Krebse?" - "Eigentlich nicht." - "Oje."
Er betrachte mich mit einem absolut ausdruckslosen Gesicht und sagte: "Meine Glückszahlen sind: eins, sechs und sieben." - "Das ist", ich blieb stehen und starrte ihn an. "Mein Geburtstag." Seine Augen begannen zu funkeln und er grinste über das ganze Gesicht. "Ich hab bestimmt genauso geglotzt, als Eve ihn erwähnt hat." - "Sie flippt aus, wenn wir ihr das erzählen." Jou lachte fröhlich und wir setzten unseren Weg fort. "Und meine?" - "Drei, vier und sechs." - "Ich bin Ende März nach Oasis gezogen und ..." - "Meine 2. Starlight-Verleihungwar im Juni." - "Wann hast du Geburtstag?" - "Im Januar." - "Oh." - "Einer deiner Glücksmonate." - "Unglaublich."
"Eddie?" - "Hhm?" - "Du träumst." - "Ja, und nein." - "Heißt?" - "Ich habe gerade überlegt, ob du bereit wärst unsere Pläne zu ändern." - "Kommt drauf an." Ich kann vermelden, Jou hatte keine Einwände gegen meinen Vorschlag. Was für einer es war, behalten wir vorerst für uns. Brachte jedoch unsere Planung für den Nachmittag etwas durcheinander.
Da es an Jous neuer Prioritätenliste allerdings wenig auszusetzen gab, stürzten wir uns bald darauf mit einem gekonnten Rückwärtssalto ins nächste Abenteuer.
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