Anzeigen
Kapitel 2 - May your dreams bring you peace in the darkness
Fest packte die Hand ihr schmales, ohnehin bereits schmerzendes Handgelenk. Mit festem Ruck wurde ihr Körper zurück gezogen, ehe eine weitere Hand ihre Schulter erfasste und sie fest zu schütteln begann, vor und zurück bis ihr ganz übel wurde. Die bösartigen Worte, die ihr dabei entgegen gespuckt wurden, verstand sie nicht einmal.
Doch sehr wohl den Stoß, der sie von den Beinen warf, so dass ihr Rücken schmerzhaft gegen den Heizkörper stieß, der hinter ihr stand. Der Schmerz presste ihr jegliche Luft aus den Lungen und für einen Moment glaubte sie, sie würde ersticken. Und das wäre vielleicht nicht einmal so schlimm gewesen. Besser zumindest als das was nun folge würde.
Denn Plötzlich bohrte sich ein dumpfer Schmerz in ihren Oberschenkel, so unerwartet, dass sie einen spitzen Schrei ausstieß. Erst dann realisierte sie, dass der Schmerz von nichts anderem als einem festen Tritt gekommen war. Und eben jener Fuß setzte zu einem neuen Tritt an. Schützend hielt sie die Arme vor das Gesicht doch auf dieses hatte man es nicht abgesehen.
Dieses Mal stach der Schmerz in ihre Flanke. Ohne sich dagegen zu wehren kippte ihr Körper zur Seite. Auf den Boden liegend kauerte sich die Blondine zusammen, versuchte mit Armen und Händen ihren Kopf zu schützen, während sie die Beine so dicht wie möglich an ihren Körper zog. Als wäre sie ein Kind das zusammengerollt auf die schützende Hand seiner Mutter wartete. Doch es würde keine Hilfe kommen…sie war gefangen…für immer.
Mit einem Schrei, der von den kahlen Wänden wiederhallte, erwachte Quinn und saß schließlich kerzengerade in ihrem Bett. Keuchend sah sie sich um. Dreckige Wände, abgenutzter Fußboden. Das war ganz und gar nicht der Raum in dem sie gerade eben noch gewesen war.
Ein Traum…das musste ganz offensichtlich ein furchtbarer Traum gewesen sein. Langsam erhob die Blondine sich und trat hinaus auf den kleinen Flur.
Alpträume hatte sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gehabt und in den letzten Jahren war ihr Schlaf immer traumlos gewesen…einfach nur ein kurzer aber dafür recht fester Schlaf. Vielleicht, so dachte sie…lagen diese Träume einfach an ihrer neuen Umgebung.
Um den Kopf frei zubekommen beschloss Quinn sich die Beine zu vertreten. Noch im Halbdunkel zog sie die Tür des Trailers hinter sich zu, verschloss diese gleich dreimal in der Hoffnung ihr weniges Hab und Gut zumindest ansatzweise zu schützen und dann lief sie. Wohin, dass wusste sie nicht, kannte sie diesen trostlosen Ort doch kaum.
Doch irgendwann erreichte sie einen Peer, die Stände und Buden auf diesen waren noch geschlossen, der tägliche Rummel, der hier herrschen musste, würde wahrscheinlich erst in wenigen Stunden losbrechen. Solange konnte Quinn also noch die Ruhe vor dem Sturm genießen.
Langsamen Schrittes trat sie an die hölzerne Bande heran, stützte die Unterarme auf dieser Ab und lies den Blick über das weite Meer streifen.
Die Melodie der Wellen, die an den großen Holzpfeilern brachen, beruhigte ihr rasendes Gemüt, die Gedanken in ihrem Kopf wurden langsamer ehe sie sich völlig auf diesen einen Moment konzentrierten.
So war es gut. Leise atmete die Blondine aus. Wäre doch gelacht, wenn sie sich nach all dem nun von ihren Träumen aus der Bahn werfen lassen würde. Von nun an würde sie jedes Mal, wenn sie sich fürchtete oder sich unsicher fühlte genau hierher kommen und dann…dann würde alles wieder gut werden.
„Quinn?“ Der Klang ihres Namens lies die Blondine erstarren. Das konnte doch gar nicht möglich sein. Woher sollte jemand hier ihren Namen kennen, sie hatte bisher doch mit niemanden auch nur ein Wort gewechselt. „Quinn Shepard?“ Ertönte die Stimme ein weiteres Mal und erst jetzt realisierte sie, dass es dabei um eine Frauenstimme handelte.
Nur langsam wandte Quinn den Blick über ihre Schulter hinweg auf die Person, die die Stimme an sie gerichtet hatte. Blondes Haar, zu einem wüsten Knäul auf dem Kopf zusammen gebunden, tiefe Falten lagen um ihre Mundwinkel, die sich zu einem freundlichen Lächeln verzogen hatten. „Wusste ich es doch!“ Lächelte die Fremde ihr entgegen und näherte sich ihr, während Quinn verwirrt die Brauen zusammen zog und sich nun gänzlich zu der Fremden wandte.
Das Lächeln der Frau wurde mit jedem Schritt, den sie tat breiter, bis sie schließlich direkt vor Quinn stand und ihr mit warmen, freundlichen Augen in das Gesicht sah. „Du siehst aus wie deine Mutter….“
Wie bitte was? Ihre Mutter? Jetzt schlug es aber dreizehn! Wer war diese Frau, die ganz offensichtlich ihren Namen kannte und noch dazu ihre Mutter zu kennen schien. „Wer sind Sie denn überhaupt, Lady?“ Fragte Quinn nun spitz. Und erst jetzt schien der Älteren aufzufallen, dass ihr Gegenüber keinen blassen Schimmer hatte wer sie war. „Oh…wo sind denn nur meine Manieren geblieben?“ Die Dame reichte Quinn die Hand und diese griff zögernd danach. „Dolores, Dolores Hayes. Deine Mutter, deine Tante und ich wir waren sehr gute Freunde in unserer Jugend. Und was die Letztere von beiden betrifft, hat sich das bis zu ihrem Tod nicht geändert.“ Ein trauriges Lächeln huschte über die gealterten Züge der Älteren. „Sie war ein sehr guter Mensch und sie fehlt an allen Ecken und Enden.“
Auf den Mund gefallen war diese Dolores nun wirklich nicht, schoss es Quinn durch den Kopf und gleichsam beneidete sie Jene für ihre offene Art. Quinn selbst war doch eher introvertiert auch wenn das nicht immer so gewesen war.
Die Jüngere schüttelte den Kopf um diesen Gedanken zu vertreiben und sich wieder auf die Situation konzentrieren zu können.
Dolores…der Name war ihr nicht fremd aber das Gesicht dazu kam ihr überhaupt nicht bekannt vor. Und als hätte die Ältere Quinns Gedanken gelesen, lächelte sie dieser nun wieder zu. „Ich habe dich ein oder zwei Mal gesehen da warst du noch ein kleines Mädchen, du sahst zusammen mit einem Andrew in der Sandkiste und hast Matschkuchen gebaut. Lydia, deine Tante, hat immer von dir geschwärmt…“ Kein Wunder also, dass sie sich nicht an diese Dame erinnern konnte. „Freut mich jedenfalls, Dolores.“ Antwortete Quinn ein wenig steif und löste schließlich die Hand vom Griff der nun nicht mehr ganz so Unbekannten.
Dolores deutete auf eine der Sitzgruppen in der Mitte des Peers. „Komm setzen wir uns Schätzchen, du musst mir soviel erzählen.“ Unschlüssig blieb Quinn stehen und sah der Älteren hinterher, die bereits auf halben Weg war. Ein resigniertes Seufzen später, machte auch Quinn sich auf den Weg zu den Sitzgelegenheiten und nahm nun direkt neben ihrer Bekanntschaft Platz.
„Also Liebes, dann erzähl mal was hat dich hier nach Oasis Springs verschlagen? Es gibt durchaus attraktivere Orte für eine junge Dame wie dich.“ Genau das war ja der Grund weshalb sie hierher gekommen war… man sollte sie hier nicht einmal vermuten. „Ich denke…“ Begann Quinn nachdenklich. „Dass die Großstadt nichts für mich ist…zu laut, zu bunt….da…da weiss man gar nicht so recht wer man wirklich ist.“ Dolores nickte verstehend auch wenn Quinn befürchtete, dass die Ältere niemals aus diesem Ort heraus gekommen war. „Und ich will wissen wer ich bin…will mich kennenlernen…“ Gelogen hatte Quinn bei ihren Worten jedenfalls nicht, nur einige Dinge verschwiegen. Dinge, die sie einer Fremde bestimmt nicht auf die Nase binden würde. „Vermisst dich denn gar keiner, Kleines? Die Eltern? Oder ein junger Mann?“ Quinn presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick auf die Tischplatte. „Nein….Nein da gibt es niemanden mehr, der mich vermissen würde.“
Lesezeichen